In Memoriam Eric Assous

„Boulevardkomödien sind eine extrem schwierige Kunst“ sagte Eric Assous dem Figaro. „Man muss mit mathematischen Gleichungen ans Werk gehen, und alles gleichzeitig bedienen: Literatur, Mathematik und Beobachtung. Ich bin bei allen Proben dabei, um sicher zu gehen, dass der Text, mit dem der Schauspieler konfrontiert ist, auch funktioniert.“

2003 haben wir uns kennengelernt, sein Stück Les Montagnes Russes (Achterbahn) hat mir auf Anhieb gefallen. Ich war so stolz auf diesen Vertrag mit ihm. Sofort habe ich mich daran gesetzt, das Stück zu platzieren. In kürzester Zeit hatte ich zwei Theater, die interessiert waren. Und dann kam die Enttäuschung, keiner der möglichen männlichen Protagonisten biss an. Jedes Jahr zwei Mal traf ich Eric und erzählte von dem Desaster. Er hätte jederzeit den Vertrag zurückziehen können, da die Laufzeit bis zur DEA längst überschritten war. Eric tröstete mich: bis er in Paris auf der Bühne angekommen war, habe es auch lange gedauert. Endlich klärte mich ein Schauspieler über meinen Denkfehler auf: Ich hatte das Stück damit beworben, dass Alain Delon in Paris diese Rolle gespielt hat. Das hat mögliche „Namen“ abgeschreckt und nicht – wie ich dachte – motiviert.

Im März 2009 war es dann endlich soweit, die Komödie am Marquart in Stuttgart hat begonnen und der Bayerische Hof in München gleich nachgezogen, und dann kam ein Theater nach dem anderen. Und Eric schrieb jedes Jahr ein oder zwei Stücke. Es waren immer politische Stücke, „Alltagspolitik“ wie er es nannte, klug eingebaut in Komödien.

„Man muss den literarischen Firnis entfernen und dem Realismus wieder zu seinem Recht verhelfen“ betonte er. „Ich habe nicht wirklich ein glamouröses Leben, das muss ich zugeben. Aber ich habe, glaube ich, eine gute Beobachtungsgabe. Wenn mir jemand sein Leben erzählt, dann versuche ich das herauszufiltern, was vielleicht universell ist. Und das bleibt in einer Windung meines Gehirns hängen bis es beim Schreiben wieder hochschwappt. Es genügt, die Ohren weit offen zu halten. Das grösste Kompliment, das man mir über ein Stück machen kann, ist: ‚Ich habe den Eindruck, Sie sprechen von mir.‘“

Am 12. Oktober 2020 ist Eric Assous in Paris gestorben. Wie viel Unvollendetes uns da vorenthalten wird!

Eva Giesel

LITAG Theaterverlag München